YETI - DER SCHNEEMENSCH
Originaltitel | YETI - IL GIGANTE DEL 20. SECOLO |
Alternativtitel | ICEMAN - GIGANT DES 20. JAHRHUNDERTS (dt. Alternativ-Videotitel) |
Land und Jahr | Italien 1977 |
Regie | Frank Kramer [= Gianfranco Parolini] |
Produktionsfirma | Stefano Film |
Produktion | Nico Pomilia & Wolfranco Coccia |
Drehbuch | Marcello Coscia & Gianfranco Parolini |
Kamera | Sandro Mancori |
Schnitt | Manlio Camastro |
Musik | Santa Maria Romitelli & The Yetians (Abspann), unter Verwendung von Carl Orffs "Camina Burana" |
Special Effects | Ermanno Biamonte (Kopiertricks), Giovanni Cappelli, Nello Cappelli, Guiseppe Carrozza, Germano Natali, Beniamino Carrozza, Marcello Martinelli, Augusto Possanza & Fabio Traversari |
Darsteller | Phoenix Grant [= Antonella Interlenghi], Tony Kendall [= Luciano Stella], Mimmo Crao, Jim Sullivan, Eddy Fay, John Stacy, Donal O'Brien u. a. |
deutsche Erstaufführung | 24.02.1978 |
Verleih | Scotia |
Format | 1:1,85 |
Laufzeit | 84 Minuten (= 2293 Meter, deutsche Kino-Version); Originallänge: 118 Minuten |
Home-Entertainment | Video: Atlas; International Home Video (als ICEMAN - GIGANT DES 20. JAHRHUNDERTS; Alternativfassung mit einer Laufzeit von 99 Minuten). |
Wer hat nicht schon das eine oder
andere Mal die unglaublichen Berichte konsumiert, welche sich mit dem sagenhaften
Schneemenschen des Himalaya befassen. Neben dem Ungeheuer von Loch Ness ist
dieses Fabel-Wesen wohl eine der bekanntesten unbekannten Kreaturen überhaupt.
Wie
seine nahen Verwandten, beispielsweise der Bigfoot aus Nordamerika oder der
Orang Pendek aus Sumatra, so hat auch der Yeti schon Generationen von Krypto-Zoologen
beschäftigt. Seit jeher sind diese bemüht, die Existenz des Schneemenschen zu
beweisen. Dazu wurden bisher Abgüsse von Fußabdrücken, sowie vermeintliche Schädeldecken
und Knochenhände herangezogen. Einzig Bergsteigerlegende Reinhold Messner weiß
jedoch um das Geheimnis des behaarten Humanoiden.
Die westliche Welt erfuhr erstmals im Jahr 1921 vom berühmten Schneemenschen des Himalaya-Gebirges. Damals berichtete der britische Colonel C. K. Howard-Bury von seltsamen Spuren und rätselhaften Erscheinungen. Fortan wurde die Weltpresse regelmäßig mit Meldungen über den Yeti versorgt und in den 50er Jahren setzte ein regelrechter Yeti-Boom ein. Von letzterem infiziert begab sich der britische Forscher Sir Edmund Hillary in das Himalya-Gebirge, um einen Yeti zu finden, respektive zu fangen. Auch der vom Yeti besessene Öl-Millionär Tom Slick verfolgte dieses Ziel. Er überredete sogar seinen Freund, den Schauspieler James Stewart, einen entwendeten Yeti-Fingerknochen von Asien nach Amerika zu schmuggeln.
Natürlich
wurde ein lebender Schneemensch von westlichen Augen niemals gesehen, aber die
Filmindustrie sorgte für Ersatz. Bereits 1954 entstand der unterhaltsame Billigfilm
SNOW CREATURE, ein Jahr später folgte Jerry Warrens MAN BEAST. 1957 beteiligte
sich auch die japanische TOHO-Filmgesellschaft mit JUJIN YUKIATOKO (US-Titel:
HALF HUMAN) am Wettbewerb um den besten Yeti-Film, ehe die britische Produktionsfirma
Hammer mit THE ABOMINABLE SNOWMAN den überzeugendsten Beitrag präsentierte.
Was hat dies nun alles mit YETI - DER SCHNEEENSCH zu tun? Eigentlich nichts, denn Parolinis "Epos" nimmt weniger Bezug auf den klassischen Schneemenschen, sondern imitiert vielmehr das misslungene KING KONG-Remake von 1976. Dabei ist YETI allerdings sehr erfolgreich, denn auch dieses Werk ist hundertprozentiger Schund.
Auf einer Expedition im Auftrag von Hunnicut Enterprises entdeckt Herbie (Jim Sullivan), der Enkel des Firmeninhabers, ein gigantisches Wesen im Eis des Nordpols. Der gewiefte Industrielle Hunnicut (Eddy Fay) möchte diese Entdeckung natürlich gerne zu Werbezwecken nutzen. Flugs engagiert er seinen Freund, den gütigen Professor Wassermann (John Stacy), welcher sich fortan um das gigantische Fundstück kümmern soll. Wenig später wird das vom Professor als Yeti identifizierte Wesen mit Hilfe von Flammenwerfern aus dem Eisblock befreit. Wasermann ist sich sicher, dass das Geschöpf wieder zum Leben erweckt werden kann. Unterstützt von Hunnicuts Sicherheitschef Cliff Chandler (Tony Kendall) und Herbies Schwester Jane (Phoenix Grant) macht er sich ans Werk.
Und
tatsächlich, einige fürchterliche Spezialeffekte später ist der Schneemensch
bei vollem Bewusstsein. Was allerdings genau um ihn herum geschieht bleibt dem
Yeti unverständlich. Er verursacht natürlich sogleich die obligatorische Panik,
ergreift dabei Jane und Herbie und verschwindet in den Wäldern. Professor Wassermann
ist allerdings davon überzeugt, dass der Yeti im Grunde ein friedfertiger Charakter
ist. Zusammen mit Cliff und dem schlauen Collie-Hund Indio nimmt er die Verfolgung
auf.
Jetzt zeigt der Yeti endlich sein wahres Gesicht. Er ist nämlich wirklich sehr
nett und behandelt seine beiden neuen Freunde äußerst fürsorglich. Als Wassermann
& Co erscheinen, kann Jane eine Schusswunde an Yetis Hand versorgen. Danach
folgt ihr der Riese wie ein Schoßhund und nun steht der werbewirksamen Präsentation
des eisigen Burschens nichts mehr im Wege.
Auf dem Dach des Hunnicut-Firmensitzes im kanadischen Toronto soll der gigantische Zottelmann der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Dabei zeigt sich leider, dass Yeti, ebenso wie sein Cousin King Kong, keine Blitzlichter leiden kann. Schon geraten die Menschenmassen in Panik und flüchten aus dem Gebäude. Bedauerlicherweise kommen einige Deppen auf die Idee, im allgemeinen Trubel den Fahrstuhl zu benutzen. Yeti spielt mit dem Lift ein wenig Jo-Jo, ehe er in seinem tumben Hirn begreift, dass auch Jane unter den Passagieren ist. Er rettet sie und schaut sich mit ihr die Stadt an. Doch die anrückende Polizei zwingt die ungewöhnlichen Touristen zur Flucht.
In
einer dem Hunnicut-Imperium zugehörigen Autofabrik gelingt es, den Giganten
zu verstecken. Er hat sichtlich mit der verschmutzten Luft der Großstadt zu
kämpfen, woraufhin der Professor mit einer Sauerstoffbehandlung beginnt. Cliff
soll dabei mit einigen Männern für die Sicherheit des Riesen bürgen, doch der
smarte Security-Chef führt anderes im Schilde. Die neidische Konkurrenz hat
ihn nämlich beauftragt, den Yeti auszuschalten, um somit der Firma Hunnicut
zu schaden. In einem unbeachteten Moment drehen Cliffs Helfer dem Schneemenschen
den Sauerstoff ab und prügeln den armen Professor Wassermann zu Tode. Dann legen
sie sich dekorativ neben ihr Opfer, nur um zu behaupten, Yeti hätte randaliert
und den Mord begangen. Dieser Plan scheint zunächst aufzugehen.
Yeti hat im Dämmerzustand die Ermordung des Professors verfolgt und sinnt nun auf Rache. Als auch Jane und Herbie als lästige Zeugen verschwinden sollen, gibt es Saures. Die Mörder des Professors finden den Tod, aber Cliff kann zusammen mit einigen Gefolgsleuten und Herbie als Geisel entkommen.
Außerhalb der Stadt kommt es zum Showdown, bei dem Cliff und seine Schergen das Zeitliche segnen. Als die Polizeikräfte eintreffen, befiehlt Leutenant Stryker (Donal O´Brien) den Schneemann zu erschießen. Jane kann dies gerade noch verhindern und Yeti darf endlich in seine Heimat zurückkehren. Bis zum Ende aller Tage dreht er fortan vereinsamt und mit Tränen in den Augen im Himalaya-Gebirge seine Runden.
Gianfranco
Parolini alias Frank Kramer bewegt sich bereits seit den frühen 50er Jahren
in Italiens Filmbranche und hat dort bisher so ziemlich jedes Genre beliefert.
Vor allem seine sorgfältig inszenierten Sabata-Western erfreuen sich [Anm.:
zu Recht!] noch immer großer Beliebtheit und eigentlich hätte man vom soliden
Regisseur bei YETI ordentliche Arbeit erwarten können. Was aber wollte Herr
Parolini mit diesem Film erreichen? Augenscheinlich sollte hier dem Zuschauer
eine mitreißende und tragische Geschichte präsentiert werden - eine erneute
Variation des Schöne-und-das-Biest-Themas. Dabei sollte das Publikum vor allem
für den Yeti, diese unverstandene und gutmütige Kreatur, Mitleid empfinden.
Und Mitleid empfindet man wahrlich! Mitleid für Tony Kendall, der sich hier
sichtlich unwohl fühlt. Mitleid für den Darsteller des kleinen Herbie, der mit
dem tuntigsten Fellkragen der Welt ausgestattet wurde. Und nicht zuletzt Mitleid
für Yeti-Darsteller Mimmo Crao, der jenseits seiner Fähigkeiten verzweifelt
versucht den Schneemenschen mit Pathos darzustellen. Crao hat es nicht geschafft.
Erstaunlich, dass der Mime im selben Jahr als Taddäus in Franco Zefirellis JESUS
VON NAZARETH-Fernsehverfilmung zu sehen war.
Obschon als unverschämtes Plagiat
verschmäht, besticht YETI - DER SCHNEEMENSCH mit einigen ungewöhnlichen Szenen,
die uns der deutsche Scotia-Filmverleih allerdings leider vorenthalten hat.
In
der alternativen Videofassung ICEMAN - GIGANT DES 20. JAHRHUNDERTS wird der
geneigte Betrachter beispielsweise Zeuge, wie bei einer zärtlichen Berührung
Janes des Yetis Brustwarze erigiert (!). Dies würdigt der Schneemensch mit einem
wohligen Grinsen. Sehenswert ist auch die darauf folgende Episode, in der Mimmo
seine weiße Frau mit einer überdimensionalen, frisch abgenagten Fischgräte kämmt.
Die Spezialeffekte sind meist sehr "schlumpig" ausgeführt und einkopierte Elemente
erscheinen oft leicht durchsichtig. In der italienischen Fassung sind die Kopiertricks
(was schwer möglich erscheint) sogar noch schlechter umgesetzt. Die Trickmeister
haben für die Exportfassung wohl einiges nachgebessert.
Zuletzt noch ein paar Worte zu zwei Darstellern. Tony Kendall ist wohl nur in diesem Film gelandet, um seinem alten Freund Parolini einen Gefallen zu tun. Gemeinsam hatten beide schon in den 60er Jahren mehrere Beiträge der KOMMISSAR X-Reihe (mit Kendall in der Titelrolle) produziert. Phoenix Grant oder auch Antonella Interlenghi ist Freunden des italienischen Horrorfilms sicherlich noch aus Lucio Fulcis PAURA NELLA CITTA DEI MORTI VIVENTI (als Wiedergängerin Emily) in bester Erinnerung.
Wie bereits oben erwähnt, ist YETI - DER SCHNEEMENSCH als Imitation des 76er KING KONG überaus erfolgreich. Ich für meinen Teil muss allerdings zugeben, dass die Dino DeLaurentis-Großproduktion bei weitem mehr Längen aufweist, als Parolinis schlampiges Monster-Rührstück.
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