DIE RACHE DES PATEN

Originaltitel QUELLI CHE CONTANO
Alternativtitel CRY OF THE PROSTITUTE
   
Land und Jahr Italien 1973
   
Regie Andrea Bianchi
Produktionsfirma Alexandra Internazionale
Drehbuch Sergio Simonetti
Kamera Carlo Carlini
Schnitt Otello Colangeli
Musik Sante Maria Romitelli
   
Darsteller Henry Silva (Tony), Barbara Bouchet, Fausto Tozzi (Don Cascemi), Vittorio Sanipoli (Ricuzzo), Mario Landi (Don Turi Scannapieco), Alfredo Pea, Piero Maria Rossi, Dada Gallotti u. a.
   
deutsche Erstaufführung -
Verleih -
Format 1:2,35
Laufzeit 97 Minuten (Originallänge)
Home-Entertainment Video:
Arcade Video (Vollbild).

 

Von allen Filmen, die der begnadete "Schlock-Artist" Andrea Bianchi in seiner Karriere gebastelt hat, ist QUELLI CHE CONTANO sowohl der unglaublichste als auch der wohl beste. Obschon im schönsten Cinemascope-Format gedreht, wurde Bianchis Mafia-Reißer seinerzeit in Deutschland leider nur als unerträgliche Vollbildfassung auf Video veröffentlicht (ARCADE).

Gleich zu Beginn zieht der weiße Magier die Geschmacksschraube heftig an und zeigt uns einen "Elch-Test" mit PKW und Baggerschaufel, bei dem ein Pappschädel gemütsvoll durch die Gegend kullert. Die solchermaßen "Entkopften" haben eine bis zum Anschlag mit Drogen gefüllte Kinderleiche bei sich. Dass dieses Geschäftsgebaren selbst den Mafiosi zu krass ist, versteht sich (zumindest bei Bianchi) von selbst. So wird ein Mietkiller gedungen, welcher den renegaten Boss Don Ricuzzo exterminieren soll. Und wen könnte man sich da Passenderes vorstellen als den großartigen Henry Silva, der als Tony Aniante sein Gesicht zur Maske trägt und zwischen die Gangsterbrut fährt wie der leibhaftige "Herr-Sei-Bei-Uns"! Da ihm offensichtlich eine Menge an Spaghettiwestern liegt, sind seine kaltschnäuzigen Tötungsdelikte meist von einem stilvollen Pfeifen begleitet, das für die Opfer meist so unheildräuend ist wie der Paukenschlag des Jüngsten Gerichts ...

Seine Unternehmungen führen ihn in die unmittelbare Nähe zweier grauer Mafia-Eminenzen, welche einander hartnäckig bekriegen. Die eine wird gespielt vom verdienten Charaktermimen Fausto Tozzi; die andere von Regisseur Mario Landi, dessen GIALLO A VENEZIA einen Sonderplatz in den Herzen aller treuen Trash-Fans einnimmt. (Nicht zu glauben, dass dieser Mann in den Sechzigern wahre Triumphe feierte mit seiner TV-Serie über den bekannten Simenon-Inspektor Maigret!) Hier spielt Silva die beiden Schurken gegeneinander aus, was in einer fatalen Beendigung des schwelenden Ganovenkonfliktes gipfelt. Bis zu diesem Punkt hat Silva aber bereits halb Sizilien ausgerottet und - so ganz nebenbei - eine zauberhafte Liebesgeschichte ermöglicht!

Der Film steht und fällt mit dem unvergleichlichen Henry Silva, dessen markante Gesichtszüge ihn im Hollywood der Sixties für unzählige kaukasische Finstermänner prädestiniert haben. Er zeigt bei der Bewältigung seiner Killerpflichten große Widmung und fährt auch schon mal über einige frisch Entseelte mit einer riesigen Dampfwalze hinweg! Es gibt also doch noch Menschen, denen ihr Beruf so richtig Spaß macht ...

Auch auf der Sexploitation-Seite weiß Bianchi nachhaltig zu entzücken: Die unvergleichliche Exildeutsche Barbara Bouchet spielt hier ein dekadentes Gangsterliebchen, das sich von Henry brutal in eine Rinderhälfte hineinkopulieren lässt. Auch Spiele mit einer Gürtelschnalle offerieren eine willkommene Abwechslung zum sattsam gewohnten Gänseblümchen-Beischlaf. Und wer könnte das einleitende Balzritual vergessen, bei dem sich Bärbel Milch über ihren zauberhaften Körper rinnen lässt? Hier erreichte Bianchi einen Höhepunkt, nicht nur im Hinblick auf die milchverarbeitende Industrie ...

Das wunderschöne "Geklampfe" von Komponist Sante Maria Romitelli vervollständigt einen einzigartigen Reigen, welcher der geneigte Betrachter garantiert mit geharnischter Begeisterung zu quittieren weiß. Denn wann gab es schon mal derartige Exzesse der kriminellen Ausgelassenheit zu bewundern?

Drehbuchautor Piero Regnoli ist ein alter Rammler in dem Sleaze-Gewerbe und arbeitete mit Bianchi u. a. bei dem unglaublichen Geister-Sexer MALABIMBA (KOMM UND MACH'S MIT MIR) und dem Porno-Krimi MORBOSAMENTE VOSTRA (DOUBLE DESIRE) zusammen. Bianchi erzählte mir bei einem Interview, dass die Mafia für zahlreiche Neuerungen im italienischen Staatsgefüge stünde. Das bezweifele ich, aber für das Angebot an großartigen Rollen für Henry Silva sollte man dieser widerwärtigen Verbrecherorganisation auf jeden Fall dankbar sein! Ein Mann wie Kruppstahl, ein Film wie Granit ...

© by CHRISTIAN KESSLER

 

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